Freitag, 31. März 2017

Sei der Fels in der Brandung



Es ist 16:43 und beide Kinder schlafen. Vor 20 Minuten habe ich noch gehofft, dass nicht gleich die Nachbarn, die Polizei oder gleich das Jugendamt vor der Tür steht.
Herzlich Willkommen in der Trotzphase.
Mimi, gerade 3, ist eine Meisterin in ihrer Kür hysterische Anfälle zu bekommen. Schreien, heulen, kreischen, das volle Programm. Und, ja, nicht nur zu Hause, sondern auch draußen. Wie jedes Kind.

Heute Morgen, 7:10 kroch sie zu mir ins Bett und hatte fertig geschlafen. Also standen wir auf und sofort diskutierten wir die Benutzung eines Taschentuches aus. Denn, Kindergarten Eingewöhnung bringt wöchentlich neue Schnupfen ins Haus. Wir sind gerade alle krank. Es ist März, seit Januar.
Baby darf noch weiterschlafen und wir versuchen leise auf dem Flur weiter zu sprechen (Ich). Ok, dann halt Nase Hochziehen, soll laut Wissenschaftlichen Erkenntnissen eh besser sein.
Anziehen? Nein.
Frühstücken? Nein.
Dann geh ich halt zu erst aufs Klo. NEIIIIN!!!!
Ich setzte Teewasser auf und Mimi verschwindet im Wohnzimmer. Wir einigen uns darauf, ins Kinderzimmer zu gehen, weil da die Anziehsachen sind.
Rosa T-Shirt? Nein!! Grünes Shirt. OK, meinetwegen.
Die Windel ist voll und es gibt einen Streit darüber sie auszuziehen und den Popo zu säubern, oder eben nicht. Hier setze ich mich durch, da gibt’s keine Alternative.
Windel ist doof, sie will keine neue. Ok, dann halt ohne. Hat letztens auch mal geklappt.
Hose an, Shirt an. Socken fehlen. NEIIIIIN!!! nicht die Baumwollsöckchen! Die dicken Wintersocken sollen es sein. Die Aufzählung meiner Gegenargumente wie Schwitzefüße und zu warm bei dem Wetter werden ignoriert.
Ich zieh ihr die warmen Socken an.
Im Hinterkopf: Sollen die im Kindergarten das regeln, wenn es ihr nachher nicht mehr passt.
Aber ich habe die erste Socke an den falschen Fuß gezogen, denn sie gehört auf den anderen.
Eh, Bullshit, denk ich mir und ziehe die andere Socke auch an, das sich windende und schreiende Kind jetzt innerlich auf Stumm schaltend, denn die Zeit drängt. Wir wollen ja noch Frühstücken.
Wir ja, sie nicht. Sie setzt sich aber trotzdem mit an den Tisch.
Auf ihrem Brettchen liegen zwei Stückchen Brot mit Camembert. Sie beißt zaghaft an einem Stück Käse an. Klappt beide zusammen und schreit, dass die falsch sind. Die müssen „So“ zusammengeklappt sein.
Ok, ich klapp sie auseinander, drehe sie etwas und klappe sie wieder zusammen.
Großes Geschrei. Das darf nicht zusammengeklappt sein.
Gut, dann halt nicht. Innerlich bis 10 zählen, Schluck Tee trinken und weiter im Programm.
Sie isst ein Stück und vom anderen den Käse. Da muss jetzt Honig drauf.
Ich schmier Honig drauf, sie leckt ihn ab. Jetzt muss da Frischkäse drauf.
Hier kurz vermerkt, der Papa ist genervt und geht Zähneputzen.
Brot mit Frischkäse bleibt liegen, es wird geweint, weil Papa so genervt aufgesprungen ist.

10 Minuten später geht die Tür und beide sind auf dem Weg zum Kindergarten.
Ich atme dreimal tief durch, noch dreimal, trinke meinen Tee und spüre endlich wie sich der Puls wieder beruhigt.
In dem Moment wird Baby wach und ich bin weiter Mutti.

Warum ich in diesen Fällen einfach gemacht habe, was das Kind wollte: Ganz einfach. Ist es nicht zwingend notwendig, seinen Willen durchzusetzen, lass das Kind machen. Mir war es egal, ob das Shirt rosa oder grün ist, die Windel an oder aus, Haare zum Zopf oder nicht. Der letzte Ratgeber den ich gelesen habe, riet mir das mal zu probieren. Ja, es kann klappen, man braucht aber viele Nerven. Denn das Kind hat gelernt, dass es einen Willen hat und wie es ihn auch kriegt. Ich erinnere mich noch genau wie ich damals über das Video im Netz schmunzelte, in dem sich die Mutter irgendwann neben das schreiende Kind im Supermarkt auf den Boden schmiss. Ja, du machst das wirklich. Irgendwann trifft es dich auch, dass du unter fremden Leuten stehst, ein hysterisch kreischendes Kind im Arm hälst und überlegst wie du aus der Situation wieder raus kommst.
Das Kind will in dem Moment Dinge, die manchmal so absurd sind, dass man eigentlich drüber lachen sollte. Macht man aber nicht. Man hockt unbequem auf dem Boden und umarmt das schreiende Kind. Zumindest in meinem Fall. Mit Logik und Vernunft kommt man da nicht weit.

Ich genoss die Zeit die mir blieb bis ich sie wieder aus dem Kindergarten abholen musste und legte mich mit Baby wieder schlafen. Schlimm sind diese Tage, wenn man selber von Erkältung und Halsweh geplagt ist.
Um 14:00 war ich dann am Kindergarten, mitsamt Baby und geplanter Nachmittagsunterhaltung und holte die Mimi wieder ab.
Wir gingen zum Gartencenter um Balkonblumen zu kaufen. Sie mochte den Laden, denn es gab da Aquarien, die man sich ansehen konnte. Und Blumengießen auf dem Balkon fand sie eigentlich auch immer ganz toll, darum war das eigentlich ein guter Plan.
Bis ich zuerst in den Außenbereich wollte um nach Blumen zu schauen.
NEIIIIN!!! Wir MÜSSEN doch zu den Fischen!
Gut, wir gingen zum Koi Becken und sahen uns die Fische an. Danach steuerte ich aber durch die Tür nach draußen, Kind zeterte noch immer, weil wir noch nicht bei den Aquarien waren. Mein Vorschlag durch die nächste Tür einfach wieder rein zu gehen, weil wir da direkt dann zu den Aquarien kommen, wurde schlichtweg nicht gehört.
AAAAAAHHHHNEIIIIIIIIIINNNNN!!!!!
Hören konnte uns zumindest jeder der gerade draußen bei den Hornveilchen war. Ich lobte die Blumen, zeigte und freute mich und schlug vor und war dennoch nur eine Meise im Hurrican.
Erst als wir uns wieder auf dem Weg nach Innen befanden, drei Blumen und Blumenerde im Körbchen verstaut, wurde das Jaulen leiser.
Bis sie ihren Willen bekam und wir bei den Aquarien waren.
Ja, natürlich mache ich da keinen Aufstand und sage Sachen wie „Wenn du nicht aufhörst, gehen wir!“, weil es auch einfach nichts, rein gar nichts an der Situation ändern würde. Das Schreien würde nur lauter werden. Also, merken: auch hier geht der Weg des geringsten Wiederstandes mal wieder am besten.
Wir guckten also die Fische an und gingen dann durch die Gartenmöbelabteilung. Richtung Kasse.
NEIIEIIIEIIIN!
Die Spielecke im Cafe. Ja, warum eigentlich nicht? Fragte ich mich und dachte mir, mit leiser Bitte wäre es auch gegangen, nur hätten wir damit weniger Aufmerksamkeit erzeugt. Ich teilte ihr diesen Vorschlag mit, aber sie war geistig schon in der Spielecke.
Wir parkten und ich organisierte mir einen Latte Macchiato und einen Heidesand Keks, den wir uns teilen konnten. Böser, böser Fehler! Sie wollte einen ganzen. Und ich hatte ihn durchgebrochen und von meiner Hälfte abgebissen.
Ich atmete einmal tief durch, ignorierte das Kichern vom Nebentisch und verzichtete auf meinen Teil. Sie schlug vor, ich könne ja immerhin den kleinen Keks essen, den es zum Kaffee dazu gab.
Andersrum geht es, oder war das jetzt die Situation wo ich den Schreikrampf kriegen sollte?
Ich bat am Ende auch nur etwa 10 mal ums Mitkommen und holte sie dann an der Hand aus der Ecke, diesmal zum Glück ohne Gebrüll.
Und sage und schreibe knappe zwei Stunden hatten wir auch Ruhe und fröhliches Werkeln auf dem Balkon. Sie kehrte die Krümel von einer Ecke zur anderen und ich topfte um, ließ dann von ihr gießen und alles war schön. Bis Babyboy anfing zu weinen, weil er müde war. Ich mit ihm ins Schlafzimmer verschwand und sie im Wohnzimmer alleine war, was ihr gar nicht passte. Sie kam ins Schlafzimmer hinterher, was ihm zu wuselig war und keiner fand Schlaf. Bis wir nach einem weiteren großen Streit darüber wo wir jetzt hingehen, ob ins Wohnzimmer zurück oder zurück ins Wohnzimmer, im Wohnzimmer landeten, auf dem Sofa, alle kuschelten und beide Kinder dann einschliefen.
Ach war das herrlich.
Smartphone Muttis zücken hier jetzt das Handy um Fotos zu machen.
Ich kochte Tee.
Das war auch gut, denn nach einer halben Stunde war die Ruhe wieder rum. Mimi weinte, weil Baby weinte. Nicht dass die halbe Stunde Schlaf da jetzt Besserung gebracht hätte. Weit gefehlt. Bis um 18:00 wurde geweint, geschrien, „kuscheln“ gerufen, „MAMA komm SOFORT her!“, und lauthals gebrüllt. Ich wechselte ebenfalls zwischen kuscheln und schreien, weil es mir langsam zu viel wurde. Ich hatte Kopfschmerzen, meine Erkältung sorgte für Kälteschauer und mir ging es einfach dreckig.
Irgendwie ging die Zeit dann auch vorbei und alle Kinder wurden wieder ruhig. Meine Knie und Füße taten schrecklich weh, weil ich eine halbe Stunde auf dem Boden gekniet hatte. Baby im Bondolino auf dem Rücken, Mimi im Arm und alle langsam vor und zurück geschaukelt. Vor und zurück. Vor und zurück.... während ich über dauerhaftes Knien als Foltermethode nachdachte.
Leider gab es diesmal keinen Weg des geringsten Wiederstandes, denn Händewaschen nach Blumenerde anfassen musste sein. Auf das Ausziehen der dreckigen Hose bestand ich auch und das Anziehen einer neuen Hose war auch nur sinnvoll. Hier mussten jetzt alle durch, mit Anlauf in den Trotzaufstand, standhalten und durchhalten.

Jetzt ist es 21:00 und ich gehe ins Bett. Das einzige was man an so einem Tag noch machen kann. Außer hoffen, dass der nächste besser wird.
Aber ich sag euch, liebe Mitmuttis, auch wenn ihr jetzt lacht, schimpft oder irgendwas schlechtes über mich und meine Erziehung denkt, euer Tag wird kommen. Und dann werdet ihr in erster Linie an das virale Youtube Video von vor ein paar Jahren denken. Und dann an meinen Blog.
Viel Spaß.
Man munkelt, das geht irgendwann vorbei.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen