Es ist 16:43 und beide Kinder schlafen.
Vor 20 Minuten habe ich noch gehofft, dass nicht gleich die Nachbarn,
die Polizei oder gleich das Jugendamt vor der Tür steht.
Herzlich Willkommen in der Trotzphase.
Mimi, gerade 3, ist eine Meisterin in
ihrer Kür hysterische Anfälle zu bekommen. Schreien, heulen,
kreischen, das volle Programm. Und, ja, nicht nur zu Hause, sondern
auch draußen. Wie jedes Kind.
Heute Morgen, 7:10 kroch sie zu mir ins
Bett und hatte fertig geschlafen. Also standen wir auf und sofort
diskutierten wir die Benutzung eines Taschentuches aus. Denn,
Kindergarten Eingewöhnung bringt wöchentlich neue Schnupfen ins
Haus. Wir sind gerade alle krank. Es ist März, seit Januar.
Baby darf noch weiterschlafen und wir
versuchen leise auf dem Flur weiter zu sprechen (Ich). Ok, dann halt
Nase Hochziehen, soll laut Wissenschaftlichen Erkenntnissen eh besser
sein.
Anziehen? Nein.
Frühstücken? Nein.
Dann geh ich halt zu erst aufs Klo.
NEIIIIN!!!!
Ich setzte Teewasser auf und Mimi
verschwindet im Wohnzimmer. Wir einigen uns darauf, ins Kinderzimmer
zu gehen, weil da die Anziehsachen sind.
Rosa T-Shirt? Nein!! Grünes Shirt. OK,
meinetwegen.
Die Windel ist voll und es gibt einen
Streit darüber sie auszuziehen und den Popo zu säubern, oder eben
nicht. Hier setze ich mich durch, da gibt’s keine Alternative.
Windel ist doof, sie will keine neue.
Ok, dann halt ohne. Hat letztens auch mal geklappt.
Hose an, Shirt an. Socken fehlen.
NEIIIIIN!!! nicht die Baumwollsöckchen! Die dicken Wintersocken
sollen es sein. Die Aufzählung meiner Gegenargumente wie
Schwitzefüße und zu warm bei dem Wetter werden ignoriert.
Ich zieh ihr die warmen Socken an.
Im Hinterkopf: Sollen die im
Kindergarten das regeln, wenn es ihr nachher nicht mehr passt.
Aber ich habe die erste Socke an den
falschen Fuß gezogen, denn sie gehört auf den anderen.
Eh, Bullshit, denk ich mir und ziehe
die andere Socke auch an, das sich windende und schreiende Kind jetzt
innerlich auf Stumm schaltend, denn die Zeit drängt. Wir wollen ja
noch Frühstücken.
Wir ja, sie nicht. Sie setzt sich aber
trotzdem mit an den Tisch.
Auf ihrem Brettchen liegen zwei
Stückchen Brot mit Camembert. Sie beißt zaghaft an einem Stück
Käse an. Klappt beide zusammen und schreit, dass die falsch sind.
Die müssen „So“ zusammengeklappt sein.
Ok, ich klapp sie auseinander, drehe
sie etwas und klappe sie wieder zusammen.
Großes Geschrei. Das darf nicht
zusammengeklappt sein.
Gut, dann halt nicht. Innerlich bis 10
zählen, Schluck Tee trinken und weiter im Programm.
Sie isst ein Stück und vom anderen den
Käse. Da muss jetzt Honig drauf.
Ich schmier Honig drauf, sie leckt ihn
ab. Jetzt muss da Frischkäse drauf.
Hier kurz vermerkt, der Papa ist
genervt und geht Zähneputzen.
Brot mit Frischkäse bleibt liegen, es
wird geweint, weil Papa so genervt aufgesprungen ist.
10 Minuten später geht die Tür und
beide sind auf dem Weg zum Kindergarten.
Ich atme dreimal tief durch, noch
dreimal, trinke meinen Tee und spüre endlich wie sich der Puls
wieder beruhigt.
In dem Moment wird Baby wach und ich
bin weiter Mutti.
Warum ich in diesen Fällen einfach
gemacht habe, was das Kind wollte: Ganz einfach. Ist es nicht
zwingend notwendig, seinen Willen durchzusetzen, lass das Kind
machen. Mir war es egal, ob das Shirt rosa oder grün ist, die Windel
an oder aus, Haare zum Zopf oder nicht. Der letzte Ratgeber den ich
gelesen habe, riet mir das mal zu probieren. Ja, es kann klappen, man
braucht aber viele Nerven. Denn das Kind hat gelernt, dass es einen
Willen hat und wie es ihn auch kriegt. Ich erinnere mich noch genau
wie ich damals über das Video im Netz schmunzelte, in dem sich die
Mutter irgendwann neben das schreiende Kind im Supermarkt auf den
Boden schmiss. Ja, du machst das wirklich. Irgendwann trifft es dich
auch, dass du unter fremden Leuten stehst, ein hysterisch
kreischendes Kind im Arm hälst und überlegst wie du aus der
Situation wieder raus kommst.
Das Kind will in dem Moment Dinge, die
manchmal so absurd sind, dass man eigentlich drüber lachen sollte.
Macht man aber nicht. Man hockt unbequem auf dem Boden und umarmt das
schreiende Kind. Zumindest in meinem Fall. Mit Logik und Vernunft
kommt man da nicht weit.
Ich genoss die Zeit die mir blieb bis
ich sie wieder aus dem Kindergarten abholen musste und legte mich mit
Baby wieder schlafen. Schlimm sind diese Tage, wenn man selber von
Erkältung und Halsweh geplagt ist.
Um 14:00 war ich dann am Kindergarten,
mitsamt Baby und geplanter Nachmittagsunterhaltung und holte die Mimi
wieder ab.
Wir gingen zum Gartencenter um
Balkonblumen zu kaufen. Sie mochte den Laden, denn es gab da
Aquarien, die man sich ansehen konnte. Und Blumengießen auf dem
Balkon fand sie eigentlich auch immer ganz toll, darum war das
eigentlich ein guter Plan.
Bis ich zuerst in den Außenbereich
wollte um nach Blumen zu schauen.
NEIIIIN!!! Wir MÜSSEN doch zu den
Fischen!
Gut, wir gingen zum Koi Becken und
sahen uns die Fische an. Danach steuerte ich aber durch die Tür nach
draußen, Kind zeterte noch immer, weil wir noch nicht bei den
Aquarien waren. Mein Vorschlag durch die nächste Tür einfach wieder
rein zu gehen, weil wir da direkt dann zu den Aquarien kommen, wurde
schlichtweg nicht gehört.
AAAAAAHHHHNEIIIIIIIIIINNNNN!!!!!
Hören konnte uns zumindest jeder der
gerade draußen bei den Hornveilchen war. Ich lobte die Blumen,
zeigte und freute mich und schlug vor und war dennoch nur eine Meise
im Hurrican.
Erst als wir uns wieder auf dem Weg
nach Innen befanden, drei Blumen und Blumenerde im Körbchen
verstaut, wurde das Jaulen leiser.
Bis sie ihren Willen bekam und wir bei
den Aquarien waren.
Ja, natürlich mache ich da keinen
Aufstand und sage Sachen wie „Wenn du nicht aufhörst, gehen wir!“,
weil es auch einfach nichts, rein gar nichts an der Situation ändern
würde. Das Schreien würde nur lauter werden. Also, merken: auch
hier geht der Weg des geringsten Wiederstandes mal wieder am besten.
Wir guckten also die Fische an und
gingen dann durch die Gartenmöbelabteilung. Richtung Kasse.
NEIIEIIIEIIIN!
Die Spielecke im Cafe. Ja, warum
eigentlich nicht? Fragte ich mich und dachte mir, mit leiser Bitte
wäre es auch gegangen, nur hätten wir damit weniger Aufmerksamkeit
erzeugt. Ich teilte ihr diesen Vorschlag mit, aber sie war geistig
schon in der Spielecke.
Wir parkten und ich organisierte mir
einen Latte Macchiato und einen Heidesand Keks, den wir uns teilen
konnten. Böser, böser Fehler! Sie wollte einen ganzen. Und ich
hatte ihn durchgebrochen und von meiner Hälfte abgebissen.
Ich atmete einmal tief durch,
ignorierte das Kichern vom Nebentisch und verzichtete auf meinen
Teil. Sie schlug vor, ich könne ja immerhin den kleinen Keks essen,
den es zum Kaffee dazu gab.
Andersrum geht es, oder war das jetzt
die Situation wo ich den Schreikrampf kriegen sollte?
Ich bat am Ende auch nur etwa 10 mal
ums Mitkommen und holte sie dann an der Hand aus der Ecke, diesmal
zum Glück ohne Gebrüll.
Und sage und schreibe knappe zwei
Stunden hatten wir auch Ruhe und fröhliches Werkeln auf dem Balkon.
Sie kehrte die Krümel von einer Ecke zur anderen und ich topfte um,
ließ dann von ihr gießen und alles war schön. Bis Babyboy anfing
zu weinen, weil er müde war. Ich mit ihm ins Schlafzimmer verschwand
und sie im Wohnzimmer alleine war, was ihr gar nicht passte. Sie kam
ins Schlafzimmer hinterher, was ihm zu wuselig war und keiner fand
Schlaf. Bis wir nach einem weiteren großen Streit darüber wo wir
jetzt hingehen, ob ins Wohnzimmer zurück oder zurück ins
Wohnzimmer, im Wohnzimmer landeten, auf dem Sofa, alle kuschelten und
beide Kinder dann einschliefen.
Ach war das herrlich.
Smartphone Muttis zücken hier jetzt
das Handy um Fotos zu machen.
Ich kochte Tee.
Das war auch gut, denn nach einer
halben Stunde war die Ruhe wieder rum. Mimi weinte, weil Baby weinte.
Nicht dass die halbe Stunde Schlaf da jetzt Besserung gebracht hätte.
Weit gefehlt. Bis um 18:00 wurde geweint, geschrien, „kuscheln“
gerufen, „MAMA komm SOFORT her!“, und lauthals gebrüllt. Ich
wechselte ebenfalls zwischen kuscheln und schreien, weil es mir
langsam zu viel wurde. Ich hatte Kopfschmerzen, meine Erkältung
sorgte für Kälteschauer und mir ging es einfach dreckig.
Irgendwie ging die Zeit dann auch
vorbei und alle Kinder wurden wieder ruhig. Meine Knie und Füße
taten schrecklich weh, weil ich eine halbe Stunde auf dem Boden
gekniet hatte. Baby im Bondolino auf dem Rücken, Mimi im Arm und
alle langsam vor und zurück geschaukelt. Vor und zurück. Vor und
zurück.... während ich über dauerhaftes Knien als Foltermethode
nachdachte.
Leider gab es diesmal keinen Weg des
geringsten Wiederstandes, denn Händewaschen nach Blumenerde anfassen
musste sein. Auf das Ausziehen der dreckigen Hose bestand ich auch
und das Anziehen einer neuen Hose war auch nur sinnvoll. Hier mussten
jetzt alle durch, mit Anlauf in den Trotzaufstand, standhalten und
durchhalten.
Jetzt ist es 21:00 und ich gehe ins
Bett. Das einzige was man an so einem Tag noch machen kann. Außer
hoffen, dass der nächste besser wird.
Aber ich sag euch, liebe Mitmuttis,
auch wenn ihr jetzt lacht, schimpft oder irgendwas schlechtes über
mich und meine Erziehung denkt, euer Tag wird kommen. Und dann werdet
ihr in erster Linie an das virale Youtube Video von vor ein paar
Jahren denken. Und dann an meinen Blog.
Viel Spaß.
Man munkelt, das geht irgendwann
vorbei.
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