Ich hatte dringend vor, meine Fenster
zu putzen. Dringend. Denn das letzte Mal lag lange zurück. Lange vor
dem letzten Winter und irgendwann als ich schwanger war und das als
Grund nutzen konnte, damit mein Mann die Fenster putzt. Man ist ja
schwanger, nicht blöde.
Vor zwei Tagen fing ich an, die Sonne
schien, die große Mimi war jetzt im Kindergarten und der Papa auf
der Arbeit. Besser gings nicht und so kam ich gut voran. Drei
Fenster, samt Rahmen geputzt und sämtliche Marienkäferleichen aus
den Zwischenräumen gekratzt.
Das dauerte länger als die Geduld
eines 6 Monate alten Babys.
Heute wollte ich mein Werk nun
vollenden. Es fehlten noch drei Fenster und die Balkontür. Die Mimi
war heute zu Hause, da sie wieder mal einen Schnupfen hatte. Was
nicht hieß, dass es ihr schlecht ging. Wir hatten zusammen
gefrühstückt und mir wäre es am liebsten gewesen, wenn sie nun ein
wenig gespielt hätte. Aber nein. Sie quengelte, lief hinter mir her
und hielt mich an meiner Jacke fest, weil sie dabei sein wollte.
Was eine gute Mutter in diesem Fall
getan hätte:
Sie wäre vermutlich mit dem Kind im
Kinderzimmer verschwunden, hätte die Duplo Steine ausgekippt und
eine halbe Stunde lang Häuser und Züge für die Filly Ponies
gebaut. Das ganze mit einem riesigen, bunten Tuch als abenteuerliches
Zelt verkleidet und mit Kissen ausgepolstert. Buntstifte und
Zeichenpapier hineingelegt und womöglich noch ein Ausmalbild
vorbereitet. Hörspiel an und kleingeschnittenes Obst und Gemüse auf
kleinem Picknickdeckchen dargeboten und wäre dann zum Fensterputzen
abgedampft, da das Kind stundenlang beschäftigt ist und schließlich
auf den weichen Kissen noch zum Mittagsschlaf entschlummert.
Was ich getan habe:
Ich habe den Fernseher angeschaltet.
Ja, ihr Muttis, ich höre euren
erschrockenen Aufschrei. Aber ja, ich habe dieses getan! Und bin
damit sehr zufrieden gewesen.
Denn ich konnte in der mir zur
Verfügung stehenden Zeit tatsächlich alle Fenster fertig putzen,
das Schmutzwasser entsorgen, ein paar Eckchen im Wohnzimmer
entstauben und sogar die Fenster wieder einräumen.
Das lag zum einen daran, dass mir
zwischen Frühstück und Vormittagsschlaf des Lüttjen nicht viel
Zeit bleibt. Bis alle aufgegessen haben und ich abgeräumt habe, ist
es fast 9:00 und spätestens um 10:30 beginnt unser Baby wieder müde
zu werden.
Zum anderen lag es aber auch einfach
daran, dass ich * hüstel * keine Lust hatte, ein volles Bimbamborium
aufzufahren, nur weil ich schnell etwas putzen wollte.
Und wir kennen ja unsere Kinder,
schlägt man ihnen vor ins Kinderzimmer zu gehen, um dort alleine
etwas zu spielen, machen sie ALLES, nur nicht alleine und in Ruhe
spielen.
Nachdem sie mir das letzte Mal den
Kühlschrank ausräumte und versuchte sich selber einen Pfannkuchen
zu machen, habe ich gelernt, dass ein Kind, das man nicht hört,
nicht unbedingt im Kinderzimmer sitzt und mit Bauklötzen spielt.
Zum Glück kann ich sagen, dass das
Vormittagsprogramm von KIKA eine ganz passable Auswahl an schönen
Kinderserien zeigt. Die Sesamstraße und Ben und Hollys kleines
Königreich ist niedlich und mit Glück lernt das Kind sogar noch das
ein oder andere. Das Programm ist gewaltfrei und wird nicht von
buntflimmernder Werbung unterbrochen. Keine Katze versucht ihre
Gegenspieler mit Dynamit aus dem Versteck zu sprengen und was unsere
geliebte Baby Born Puppe jetzt beruflich macht, nachdem sie Arzt und
Pferdepflegerin war, enthält man uns auch vor. Zwischendurch singt
das blaue Kikaninchen ein Lied, das Kind dreht sich vorm Fernseher
und sinkt dann wieder gebannt zu Boden, als der Mann mit dem roten
Pulli eine Geschichte erzählt.
Währenddessen lutscht das kleinere
Kind ganz gebannt an einem Holzspielzeug.
Ergo: ich habe wirklich mit dem
geringsten Aufwand ein größtmögliches Fenster an Zeit zum Putzen
erzeugt.
Wobei ich aber auch gut verstehen kann,
wenn der Fernseher für viele Mütter zum Babysitter wird. Das Kind
sitzt, rennt nicht rum und ist nicht laut. Auf Ansprache reagiert es
nicht und auch nicht auf sämtliche Versuche mit Winken und Hüpfen
auf sich aufmerksam zu machen. Das Kind ist geistig „weg“. So
kann Mutter, Vater oder wer auch immer den Tag mit Smartphonegedudel
verbringen, sich zum Kaffee verabreden oder sonstwas erledigen.
Erschreckend.
Mein Kind hat zum Glück nach einer
knappen Stunde das Interesse verloren und wuselt zwischen mit und
meinem Wassereimer herum. Was das ist, was ich mache und warum ich
das mache muss ich erklären. Und warum ich das mache. Und warum ich
das mache. Und warum.
Gegen kurz nach 10 bin ich fertig. Mimi
guckt wie ich die Lappen ausspüle, Darius wird unruhig und möchte
etwas trinken. Ich schalte den Fernseher aus und wir gehen ins
Kinderzimmer um mit den Duplosteinen zu spielen. Warum ich Fenster
geputzt habe, hat Mimi bestimmt immernoch nicht verstanden, hat sich
aber über die Stunde fernsehen gefreut. Zudem war ich so schnell
fertig, dass wir sogar noch Zeit für uns haben, bevor es wieder
weiter geht im Programm und ich für Babyschlaf und Mittagessen
sorgen muss.
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