Beim zweiten Kind merkt man sich leider
nicht mehr alles. Weiß nicht mehr wie viele Monate und wie viele
Wochen das Kind alt ist, man weiß einfach nur: Noch nicht ganz ein
Jahr.
Mit Neid wird dann zugehört wenn die
Mutti nebenan erzählt, ihr Sohn ist 11 Monate, 2 Wochen und 3 Tage
alt, hat diese und jene Entwicklungsstufe geschafft, schläft durch
und ist gerade hinterm 8. Sprung.
Wir wissen zumindest dass wir zur
U-Untersuchung müssen. Auf meinem Kalender stand zwar U6, was sie
dann doch nicht war, sondern erst U5, aber die Uhrzeit war korrekt.
9:15 sitzen wir im Wartezimmer zwischen
hustenden Kindern, ein ebenfalls hustendes Kind auf dem Schoß.
Fröhliche Viren treffen sich in der Mitte des Raumes und tanzen
Ringelreihen um dann zu wechselnden Partnern zurückzukehren.
Demonstrativ zur Wand atmend liest mein Mann ein Plakat über
Zeckenimpfung.
10:10 kommen wir dran und warten im
Behandlungszimmer. Eine freundliche Arzthelferin kommt und begrüßt
uns. Darius verzieht keine Mine. Wir wissen ja inzwischen dass unsere
Kinder da als Baby komplett gegenteilig sind. Während Mimi jedem
zugelacht und geplappert hat, verkriecht sich Darius in sein Inneres
und beobachtet mit gerunzelter Stirn.
„Hallo Darius!!“
Darius blickt durch sie hindurch,
verzieht keine Mine.
Sie stellt uns die üblichen Fragen:
Sitzt er schon? Krabbelt er? Zieht er sich an Möbeln hoch? Plappert
er?
„Darius, erzähl mal was.“
Schweigen.
Sie hält ihm einen Becher und zwei
Würfel entgegen, in der Hoffnung, er nimmt das Spielzeug und fängt
an damit sein motorisches Geschick zur Schau zu stellen.
Darius starrt den Becher an, verzieht
keine Mine.
Nach ein paar verzweifelten Minuten, in
denen das Lächeln der Arzthelferin nach und nach gefror, nahm ich
ihr den Becher ab und reichte ihn meinem Sohn.
Er sah mich an, runzelte die Stirn (
Echt jetzt?) und warf die zwei Würfel in den Becher.
Jetzt wurde er noch gemessen und
gewogen, was er ohne Maulen hinter sich brachte, dann sollten wir
warten bis die Ärztin kam. Die nette Frau wünschte uns noch einen
schönen Tag, winkte Darius zu „Tschühüüüs!“ Nein, er winkt
heute nicht.
Die Tür ging zu und Vater und Sohn
kasperten auf der Patientenliege herum, warfen einen Ball und lachten
um die Wette.
Die Ärztin kam und ging mit uns noch
einmal die Ergebnisse durch. Alles gut, er ist groß für sein Alter,
aber alles passt zusammen.
Mit einem sehr skeptischen Blick
bedacht wurde sie, als sie ihm noch einmal unter die Windel guckte um
zu kontrollieren ob da alles so wächst wie es sollte. Dann konnten
wir ihn wieder anziehen und die Praxis verlassen.
Darius freute sich wieder in seiner
Karre zu sitzen, was er durch auf und ab zappeln der Arme und Beine
kund tat. Endlich raus aus dem Laden hier wo fremde Leute dinge von
einem wollen.
So offen wie Mimi in die Welt geht, so
skeptisch steht ihr Darius gegenüber. Gibt jemand ihr einen Keks
nimmt sie ihn, lacht, freut sich und ruft Danke. Er guckt den Keks
an, guckt den Jemand an, runzelt die Stirn und macht lieber erst mal
gar nichts.
Was Funktionen und Reaktionen der
Umwelt angeht liegt er im Vergleich klar vorn. Schalter können
bedient werden, Buchseiten umgeblättert, Bobbycar fahren und im
allgemeinen das „Was passiert wenn ich jetzt dieses tue“ ist bei
ihm deutlich früher zu entdecken.
Mimi lernte in seinem Alter langsam
frei zu laufen. Er kann so schnell krabbeln, dass wir selber kaum
hinterher kommen wenn er sich mal wieder in den Kopf gesetzt hat,
etwas erkunden zu wollen.
Dieses miteinander Entwickeln jeden Tag
zu beobachten ist sehr spannend und immer wieder fiebern wir mit
welche Ideen der Kinder heute verwirklicht werden können.
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